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Constable Duncan J. Smith berichtete, dass tausende Hunde ihn überallhin verfolgten, aber sonst sah sie niemand. Um den Hunden zu entkommen, versteckte er sich im Kriechkeller unter seiner Hütte oder in dem Schuppen, in dem sein Schneemobil stand. Manchmal entkam er auch zu den Gletschern und versteckte sich in Eishöhlen, in denen er betete, dass das Heulen und das Jaulen und das Winseln endlich aufhörten. Aber das Heulen und das Jaulen und das Winseln hörten nie auf. Und egal, wo er sich versteckte, die Hunde fanden ihn immer.
Der erste Tag, an dem Duncan die Hunde sah, war der Tag, als er begann, seinen Job zu hinterfragen. Oder besser gesagt: Der Tag, an dem er begann, das Gesetz zu hinterfragen und was er damit tat. Da war etwas daran, Hunde legal zu ermorden, das sich nicht richtig anfühlte ... das sich ... falsch anfühlte ... etwas, das ihn beschäftigte und nicht mehr losließ ... etwas, das ihm sagte, dass er den kalten, einsamen Arktischen Archipel verlassen musste, bevor es zu spät war. Wenn es nicht bereits zu spät war.
Für Duncan war es das erste Mal in seiner Karriere als Polizeibeamter, dass er einsah, dass das Gesetz nicht immer das verherrlichte Werkzeug der Zivilisation war, für das er es immer gehalten hatte. Manchmal war das Gesetz etwas anderes. Etwas Ungehobeltes. Etwas Hartes. Etwas fast wie ein Hammer ... ein Hammer der Zerstörung oder der Unterdrückung oder vielleicht von beidem: Zerstörung und Unterdrückung.
In Wahrheit war sich Duncan nicht mehr sicher, was er denken sollte. Er war erschöpft und die Hunde ... na ja, die Hunde wollten ihn einfach nicht in Ruhe lassen und er wollte nur noch heimkehren und seine Farm bewirtschaften. Er arbeitete gern auf der Farm. Auf der Farm waren die Dinge einfacher. Aber hier im Norden waren die Dinge komplizierter. Und Duncan musste über das Gesetz nachdenken.
Über den Hammer.
Und das Letzte, das Duncan tun wollte, war, den Hammer gegen jemanden einzusetzen. Und doch – und das bereute er stets – hatte er ihn gegen die Hunde verwendet.
Und obwohl er alles nach Vorschrift gemacht hatte ... und obwohl er laut Gesetz kein Verbrechen begangen hatte ... war sein Herz vom Gegenteil überzeugt.
Natürlich hatte Duncan unzählige Hunde zum Zwinger gebracht, wo er sie wie Ungeziefer vor ihren Besitzern erschossen hatte. Und nur, wenn er allein mit ihren Geistern war, gestand er sich selbst ein, dass das, was er getan hatte, sich nicht richtig anfühlte und dass vielleicht ... ja, nur vielleicht ... diese Hunde gar nicht die gefährlichen Bestien oder die kranken Ratten waren, als die sein Captain sie hingestellt hatte. Sie waren … nun ja … sie waren etwas anderes.
Sie waren Freunde.
Sie waren Familienmitglieder.
Sie spielten mit Kindern, unterhielten und beschützten sie. Sie warnten vor nahenden Wölfen und Eisbären und sogar Schneestürmen. Und sie stellten sicher, dass kein Jäger sich jemals im Schneesturm verirrte, nicht wie diese unzuverlässigen „Eisernen Hunde“ oder Schneemobile, die mitten im Nirgendwo den Geist aufgaben und eine Spur schwarzen Rauchs in der kalten, weißen, endlosen Weite hinterließen. Kein „Eiserner Hund“ führte jemals jemanden aus einem Schneesturm. Das Selbe ... also ... das Selbe konnte man nicht über die Hunde sagen ...
... die Hunde, die er so herzlos vernichtet hatte.
Aber in jenen Tagen, als die Produktion des ersten kommerziellen „Eisernen Hunds“ begann, gab es wenig Anfechtungen gegen das Gesetz und so versuchte Duncan sich davon zu überzeugen, dass er tat, was für alle gut und rechtmäßig war.
Und auch wenn es wahr ist, dass der Verstand keinen Unterschied zwischen dem Richtigen und dem Rechtmäßigen macht, so macht das das Herz sehr wohl.
Das Herz lügt nicht, wie es so oft heißt.
Trotzdem fand Duncan Wege, sich selbst hereinzulegen und die Einsprüche seines Herzens zu ignorieren. Er sagte sich, dass diese Hunde nicht wie andere Hunde wären, und er glaubte diese Lüge tatsächlich für einige Monate. Aber als die Zeit verstrich, verstand er sehr schnell, dass diese Hunde ... nun ja ... wie die Hunde waren, die er zu Hause kannte.
Mit diesem Wissen fiel ihm das Einschlafen immer schwerer und bald bekam er Halluzinationen und sah alle Hunde, die er erschossen hatte.
Zuerst war es nur einer. Dann waren es zwei. Dann ein Dutzend. Dann wurden aus einem Dutzend hundert. Und aus hundert wurden tausend. Tausend tote Hunde heulten und starrten Duncan jede Nacht an und hielten ihn so davon ab, einzuschlafen, zu träumen, zu denken. Sie hielten ihn davon ab, das Leben zu leben, das er einst kannte.
Wo Duncan auch hinging, da waren sie, die Hunde, und sahen ihn mit diesen Augen an – diese bittenden, verwirrten Augen, die sich fragten, was sie falsch gemacht hatten, oder wie sie ihre Familie und Freunde enttäuscht hatten, um so ein kaltes, gleichmütiges Ende verdient zu haben.
Die Wahrheit war, Duncan konnte diesen Geistern so wenig entkommen, wie ein Hund seinen eigenen Schwanz loswerden konnte. Wo er auch hinging, da waren sie, folgten ihm und erinnerten ihn an all die Leben, die er beendet und zerstört hatte mit ... nun ja ... mit einem Richterhammer.
Eines Abends saß Duncan im Bett, hielt seinen schmerzenden Kopf in den Händen und starrte die verwesenden Hunde an, die um ihn herum saßen. Sie beobachteten ihn genau, während er versuchte, einzuschlafen, und heulten oder bellten jedes Mal, wenn seine Augenlider zufielen. Duncan zitterte vor Angst und Erschöpfung und murmelte, dass er nichts falsch gemacht hatte, dass er gemäß den Gesetzen gehandelt hätte und dass sie ihn in Ruhe lassen sollten. Aber ...
Die Hunde ließen ihn nicht in Ruhe. Sie starrten ihn nur schweigend mit diesen Augen an. Diese Auge, die ihn an seinen eigenen Hund erinnerten.
Qualvoll taumelte Duncan von seinem Bett, schrie die Hunde an und sagte ihnen, dass er schlafen musste, und dass er sich nicht schuldig dafür fühlen würde, seinen verdammten Job gemacht zu haben! Er weigerte sich, sich zu entschuldigen oder sich schuldig zu fühlen, für das, was das Gesetz von ihm verlangte. Was das Gesetz vorschrieb, musste er tun!
Plötzlich bewegten sich die Hunde ängstlich in der Hütte herum, mit gesenkten Köpfen und dem Schwanz zwischen den Beinen. Duncan schrie immer lauter und einer nach dem anderen begannen die Hunde zu winseln und um ihr Leben zu weinen, wie sie es bei ihrer Vernichtung getan hatten. Und dann – einfach so – lösten sie sich in Luft auf, als hätte Duncan sie endlich vertrieben.
Als Duncan erkannte, dass die Hunde fort waren, fiel er auf sein Bett und betete, dass sie ihn endlich in Ruhe lassen würden. Er wollte nur sein Leben wieder haben, denn die Hunde hatten ihm jede Kraft und seine Freiheit geraubt und sogar seine Identität als moralisch einwandfreier Mann des Gesetzes.
In dieser Nacht zog ein Sturm auf und blies um seine kleine Hütte. Duncan fühlte, wie ihn die Kälte erfasste, stieg aus dem Bett und zündete ein kleines Feuer im Ofen an. Dabei dachte er an seinen ersten und einzigen Hund, Buster, ein pummeliger gelber Labrador Retriever mit schwarzer Schnauze.
Der klügste, freundlichste und wärmste Hund, den er je kennengelernt hatte.
Für Duncan war Buster mehr als nur ein Hund. Er war sein Beschützer, sein Vertrauter, sein bester Freund. Er war der Bruder, den er niemals hatte. Er fing Nagetiere, beschützte ihn vor Kojoten und hütete die Rinder auf der Farm. Sein Vater pflegte zu sagen: „Ein guter Hund ist so gut wie zwei oder drei Farmarbeiter.“ Und Buster war eindeutig so gut wie vier. Als er jetzt darüber nachdachte, war er froh, dass niemand das Gesetz gegen Buster oder einen anderen Hund in seiner Stadt eingesetzt hatte.
Sicher, Buster war nicht so groß und stark wie diese arktischen Hunde, aber er war ein guter Jäger und hatte seinen Besitzer sogar schon einmal vor einem Bärenmarder gerettet. Aber woran Duncan sich am besten erinnern konnte, war, dass Buster sich neben ihm ins Bett gelegt hatte, um sein nervöses Herz zu beruhigen und ihm zu helfen, wegzudösen.
Und nun sehnte sich Duncan nach nichts mehr als nach dem ungestörten, ruhigen Schlaf der Jugend. Und während er sich nach Schlaf sehnte, blies der Wind stärker und heftiger durch die Spalten seiner Hütte. Das Feuer loderte und flackerte und warf dabei heftige Schatten, die Geschichten zu erzählen schienen.
Duncan rieb sich die Augen, um die Halluzinationen zu vertreiben. Aber wo er auch hinsah, nahmen die Schatten die Gestalt von Beamten und Jägern an, die verwirrte und verängstigte Hunde erschossen, während dichter, unnatürlicher schwarzer Rauch die Hütte füllte.
Duncan kniff sich, um sich aufzuwecken. Aber als er einsah, dass er nicht schlief, schloss er schnell seine Augen und bat die Hunde noch einmal, ihn in Ruhe zu lassen.
Er wollte eine Nacht Ruhe. Nur eine Nacht! Sein Hirn wankte vor Verzweiflung und er begann, die verzerrte Stimme seines Captains zu hören, der ihn auslachte, ihn anschrie, ihn drangsalierte, ihm einbläute, dass die Hunde gefährlich wären ... aggressiv ... eine Bedrohung für ihre Zukunftspläne.
Duncan fühlte, wie Wahnsinn nach seiner Seele griff. Er schrie, dass das Lügen waren! Alles! Und als er seine Augen wieder öffnete, war der schwarze Rauch verschwunden und die Schatten waren wieder bedeutungslose Formen, die an der Hüttenwand flackerten.
Aber gerade als Duncan erleichtert seufzte, hörte er ein Geräusch.
Ein leises kratzendes Geräusch. An der Tür. Dann hörte er ein Bellen, das ihm irgendwie bekannt vorkam. Das Bellen ertönte immer wieder und es klang wie ...
Buster.
Duncan verengte seine Augen und näherte sich vorsichtig der starken Holztür. Das Kratzen hörte auf, als er mit der Hand den Türknauf berührte. Still stand er einen langen, angespannten Augenblick da. Als das Kratzen wieder zu hören war, öffnete er die Tür schnell und erhaschte einen kurzen Blick auf gelbes Fell, das hinter dicken Schichten fallenden Schnees verschwand.
Erschöpft und verwirrt eilte Duncan in den tobenden Sturm in Unterwäsche und Hausschuhen und rief Buster zu, auf ihn zu warten. Plötzlich blieb er stehen, als er einsah, dass er unvernünftig war. Sein müder Geist spielte ihm Streiche.
Buster war seit über zwanzig Jahren tot. Er wurde von einem Auto überfahren. Einen kurzen Moment lang erinnerte sich Duncan daran, wie er seine Pfote am Straßenrand hielt und ihn beruhigte, während das Leben ihn langsam verließ. Er hatte noch nie in seinem Leben so viel geweint. Es war unmöglich, dass Buster noch bei ihm sein konnte.
Von Schnee bedeckt redete sich Duncan ein, dass ihm die Einsamkeit wohl zu schaffen machte und dass er nur eine Nacht ungestörten Schlafs brauchte. Er wandte sich zu seiner Hütte um. Aber als er sich umdrehte, erkannte er ...
... dass er sich verlaufen hatte.
Er konnte keinen Zentimeter weit sehen. Kälte und Panik erfassten ihn gleichzeitig. Er drehte sich immer wieder um, als der Wind heulte und kreischte und wimmerte. Im wütenden Schneesturm konnte er nur eins ausmachen:
Hunde.
Geisterhafte Hunde. Tote und verwesende Hunde. Tausende von ihnen. Sie liefen um ihn herum. Knurrten. Heulten. Bellten. Verwirrten ihn.
Duncan schrie sie an, aufzuhören, und versuchte, sie zu vertreiben wie vorhin. Aber die Hunde wurden immer schneller und wütender, als wären sie eins mit dem Sturm.
Duncan fiel auf seine Knie und fühlte, wie sich die Kälte überall in seinen zitternden Körper schnitt. Sein Gesicht verzog sich vor Angst, als jeder Hund aus dem Sturm sprang und mit kalten, gleichmütigen Zähnen einen Bissen von ihm nahm. Voller Qualen fiel er auf die Seite. Eine schreckliche Taubheit erfasste ihn, weniger wegen der Kälte, sondern wegen der Erinnerung an den Schmerz, den er all diesen armen Hunden zugefügt hatte. Er flehte sie an, aufzuhören, und dann tat er etwas, was er noch nie zuvor getan hatte.
Er gestand seine Schande und flehte um Vergebung.
Sofort blieben die Hunde stehen und starrten ihn mit Augen an, die direkt in sein Herz zu blicken schienen.
Duncan murmelte, dass es ihm leid tat, dass es ihm wirklich leid tat, und dass er alles falsch gemacht hatte, auch wenn er alles nach Vorschrift getan hatte. Er hatte ihnen Unrecht getan. Er hatte ihren Familien Unrecht getan. Und er hatte sich selbst Unrecht getan.
Als er sein Herz ausschüttete, hörte er ein vertrautes Bellen, als Buster plötzlich aus dem geisterhaften Rudel hervortrat und vor ihm stand.
Die Hunde sahen Buster an, dann Duncan und dann wieder Buster. Eine Welle des Friedens schien über sie hinwegzurollen, als sie einer nach dem anderen verschwanden und Duncan mit seinem Beschützer ... seinem Freund ... seinem Bruder allein ließen. Und Buster legte sich neben Duncan, als dessen Herz langsam aufhörte zu schlagen und der blendende weiße Sturm sein Leben davon wehte wie so viele andere.
Als Constable Duncan J. Smith am nächsten Tag nicht in der Wache erschien, suchten seine Kollegen ihn und fanden seine erfrorene Leiche keine drei Meter von seiner Hütte entfernt. Er lag auf der Seite mit einem friedlichen Gesichtsausdruck. Einem Beamten fiel auf, dass er im Kreis herumgelaufen war, während sich die anderen fragten, warum er so dumm gewesen war, seine Hütte mitten in einem Schneesturm nur in Unterwäsche zu verlassen.
Der Captain kniete sich neben Duncans gefrorenes, blaues Gesicht und seufzte. Gerade, als er jemandem auftrug, die Leiche zu bedecken, verfiel ein anderer Beamter in Panik, rieb sich die Augen und behauptete, Hunde um ihn herum zu sehen. Er taumelte zurück und schrie, die Hunde sollten sich von ihm fernhalten. Niemand sah, was er sah, und der Captain bat ihn, keine Witze über Duncan zu reißen. Aber der verzweifelte Beamte kreischte vor Angst und schwor, dass die Hunde echt waren und ihn verfolgten.
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Einige Zivilisationen brechen zusammen, weil sie auf Wissen stoßen, für das sie noch nicht reif genug sind. Andere Zivilisationen brechen aufgrund von Naturkatastrophen zusammen. Und wieder andere Zivilisationen erhalten einen kleinen Schubs ... einen kleinen Stoß ... über die Klippe. Ich habe die letzten Tage unzähliger Welten erforscht ... habe mir die Erinnerungen so vieler Überlebender angesehen ... und ich kann sagen, dass der Entitus die Welt nicht nur verdirbt und verzehrt ... irgendwie zapft er unsere kollektiven Ängste an und gönnt sich ein wenig Spaß. Aus meinen Beobachtungen schließe ich, dass sich der Entitus Zeit nimmt, Seelen von einem Buffet des Elends auszuwählen, während er die perfekte Zerstörung ersinnt, als wäre ... als wäre die Apokalypse eine Art Kunstwerk ... eine Art Meisterwerk. Ich verstehe, dass das allem widerspricht, was ich zu Hause über die Uralten gelernt habe. Aber ich kann nicht leugnen, dass all die Geschichten und Erinnerungen, die ich erforscht habe, einen freiwilligen und nicht unfreiwilligen Willen zur Erschaffung und Zerstörung durch diesen Uralten andeuten. Derzeit ist alles noch Spekulation, aber das letzte Reich, das sich im Keller geöffnet hat, ließ mich die Terra Arachna besuchen, in der ich den Untergang der Welt durch gewaltige, spinnenähnliche Tiere bezeugen konnte. Monster, die nur der Entitus erschaffen hätte können. Ich wollte nicht, dass irgendwelche dieser Geschöpfe in den Turm entwischen, und habe schnell ein Symbol in die Kellertür geritzt, um das Reich verschwinden zu lassen. Dann öffnete ich die Tür, um sicherzugehen, und alles, was von der Apokalypse übrig war, war ein kleiner, leerer Raum, der von Staub bedeckt war. Aber als ich den Raum betrachtete, dachte ich, ich würde ein Zwitschern in den Gängen hören. Ich schluckte schwer und durchsuchte den Turm vorsichtig, um sicherzustellen, dass nichts entkommen war. Ich habe darin nichts gefunden, aber Geräusche draußen stören meinen Schlaf und ich bin sicher, dass ich gesehen habe, wie sich Dinge im Nebel bewegen.
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